Ein Spaziergang im Wald, ein Zuhause aus einem nachwachsenden Rohstoff, der Schutz vor Naturgefahren, gute Luft – das alles und vieles mehr bieten der Wald und seine Ressource ‹Holz›. Es gilt dafür zu sorgen, dass die Leistungen des Waldes auch in Zukunft sichergestellt werden können. Die Website ‹waldnutzen.ch› zeigt die Zusammenhänge zwischen Wald, Holz und Gesellschaft auf.
Verschiedene Blickwinkel verstehen
Wald und Holz rücken in letzter Zeit immer mehr in den Mittelpunkt öffentlicher Diskussionen. Der Wald wird als wichtiger Player für die Reduktion des CO2 in der Atmosphäre und die temporäre, aber natürliche Speicherung von Kohlenstoff gesehen. Gleichzeitig gerät der Wald durch den fortschreitenden Klimawandel unter Druck. Die steigenden Ansprüche an den Wald als Erholungsraum fordern Waldbesitzende und Forstleute.
Auf der einen Seite sind die Waldbesitzenden und Forstleute für den Wald und dafür, dass er seine vielfältigen Leistungen erbringen kann, verantwortlich. Auf der anderen Seite stehen die Holzverarbeitungsbetriebe, die das geerntete Holz, sobald es den Wald verlässt, übernehmen und entlang einer linearen Wertschöpfungskette bearbeiten. An deren Ende erwerben die Endkundinnen und Endkunden ein Möbelstück, ein Haus oder ein anderes Produkt aus Holz. Die Nutzung der Ressource ‹Holz› und eine nachhaltige Pflege des Waldes stehen zwar in einem engen Zusammenhang. Dennoch werden beide bislang nahezu unabhängig voneinander betrachtet.
Die Ressource ‹Holz› ist als Baustoff von hohem ökologischem und emotionalem Wert sehr gefragt. Kundinnen und Kunden treffen ihre Entscheidungen am Ende der mit Holz verbundenen Wertschöpfungskette oft mit einem Blick auf die Kosten. Die Auswirkungen des Kaufentscheids auf die Sicherstellung der Waldleistungen spielen hierbei selten eine Rolle. Der Wald wird lediglich als Holzproduzent, nicht aber in seiner Rolle als vielfältiges Ökosystem oder in Bezug auf seine Leistungen für die Gesellschaft betrachtet.
In der mit Holz verknüpften Wertschöpfungskette zeigen die steigende Nachfrage und die Volatilität des Marktes, wie wichtig und notwendig der Schulterschluss zwischen Forst- und Holzwirtschaft ist. Wenn forstliche Massnahmen, sei es die Holzernte oder die Baumartenwahl, mit der Wertschöpfungskette abgestimmt werden, können auch Wertstoffe wie der Rohstoff ‹Holz› als Baumaterial gesichert werden.
Waldleistungen und Nutzung hängen zusammen
Wald- und Holzwirtschaft leisten wesentliche Beiträge für den Klimaschutz. Gleichzeitig profitiert die Gesellschaft von der Vielfalt der Leistungen des Waldes. Ohne entsprechende Waldpflege können diese Leistungen aber nicht langfristig garantiert werden.
Eine der Leistungen des Waldes ist, dass das Holz der Bäume für vielfältige Zwecke zur Verfügung steht, zum Beispiel für den Bau von Häusern, für die Herstellung von Möbeln und Holzwerkstoffen, aber auch als Rohstoff für die holzbasierte Bioraffinerie.
‹waldnutzen.ch› zeigt die Zusammenhänge zwischen der Nutzung der regionalen Ressource ‹Holz› und den Waldleistungen auf. Ziel ist es, das Bewusstsein zu schärfen: Welche Auswirkungen haben Entscheide am Ende der mit Holz verbundenen Wertschöpfungskette auf die Arbeit im Wald und die Sicherstellung der Waldleistungen? Die Zusammenhänge zwischen der Verwendung der regionalen Ressource ‹Holz› und den Waldleistungen werden in der folgenden Abbildung illustriert.
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Verwendung ist abhängig von der Qualität
Ausgangspunkt ist die Ressource ‹Holz›, die im Wald nachwächst (1). Das geerntete Holz dient je nach seiner Qualität unterschiedlichen Zwecken. Stammholz wird beispielsweise in der Bauindustrie verwendet, Industrieholz unter anderem zu Spanplatten und Holzwerkstoffen verarbeitet oder es dient als Energieholz für die Wärmeerzeugung. Als Faustformel kann man für die Schweiz annehmen, dass durchschnittlich 100 Kubikmeter geerntetes Holz rund 44 bis 67 Kubikmeter Stammholz für den Bau eines Gebäudes ergeben.
Erlös ermöglicht nachhaltige Waldpflege
Der Erlös von 100 bis 150 Kubikmeter geerntetem Holz entspricht bei einfachen Bewirtschaftungsverhältnissen den Kosten für die nachhaltige Pflege eines Hektars Wald. Die Waldpflege ermöglicht, dass der Wald seine Waldfunktionen erfüllen kann. Eine nachhaltige Waldpflege (2) sorgt dafür, dass genügend Holz nachwachsen kann und Waldökosysteme gegenüber Veränderungen resilient bleiben.
Ein wichtiger Nachhaltigkeitsaspekt ist der naturnahe Waldbau, der auf ökologischer und nachhaltiger Waldbewirtschaftung basiert und natürliche Prozesse und Strukturen im Wald respektiert. In der Schweiz ist der naturnahe Waldbau im Bundeswaldgesetz verankert, wobei die Umsetzung und Massnahmen von den Kantonen geregelt werden. Der Fokus liegt auf der Förderung der Artenvielfalt im Ökosystem ‹Wald›.
Resilienter Wald ist anpassungsfähig
Ein resilienter Wald (3) ist in der Lage, sich bei externen Veränderungen anzupassen oder von Störungen zu erholen und seine zentralen Funktionen und Leistungen aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen. Das können beispielsweise Veränderungen durch den Klimawandel wie steigende Temperaturen sein. Angesichts der erwarteten klimatischen und sozio-ökonomischen Veränderungen wird Resilienz zur Voraussetzung dafür, dass die Wälder langfristig in der Lage sein werden, die Waldfunktionen zu erfüllen und Waldleistungen zu erbringen.
Waldbiodiversität als Basis
Die Waldbiodiversität (4) und deren Erhalt und Förderung bilden die Basis dafür, dass der Wald eine Vielzahl von Waldfunktionen erfüllen und die zahlreichen Waldleistungen erbringen kann. Die forstliche Planung spielt eine wesentliche Rolle für die Erhaltung und Förderung der Biodiversität des Waldes. Es werden unterschiedliche Lebensräume geschaffen und erhalten. Dies wird ‹Habitatmanagement› genannt. Dabei sorgen beispielsweise Forstleute für eine standortgerechte Baumartenwahl und Bäume unterschiedlicher Altersklassen, die einer natürlichen Altersklassenstruktur entsprechen, oder sie richten Waldschutzgebiete ein.
Die zentralen Funktionen des Waldes
Die Waldfunktionen (5) sind die verschiedenen Aufgaben und Rollen, die dem Wald in ökologischer, wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht zukommen. Sie beschreiben die natürlichen Prozesse und Eigenschaften des Waldes. Waldfunktionen existieren nicht unabhängig voneinander, sondern sind eng miteinander verknüpft. Die zentralen Funktionen sind: Nutzfunktion, Schutzfunktion, Erholung und Gesundheit, Lebensraum für Tiere und Pflanzen. [1]
Waldleistungen für die Gesellschaft
Die Waldleistungen (7) sind die konkreten Ergebnisse oder Erträge und der Nutzen, die aus den Waldfunktionen abgeleitet werden. Sie kommen dem Menschen und der Gesellschaft zugute. Die Vielzahl der Waldleistungen wird im Kapitel «Multifunktionskünstler Wald» beschrieben.
Was bedeutet es nun für die Nutzerinnen und Nutzer, Wald und Holz gemeinsam zu betrachten? Entscheidet sich eine Bauherrschaft für ein Haus mit Holz aus dem regionalen Wald, so unterstützt sie mit dem Holzerlös direkt die Waldpflege vor Ort. Die ‹waldnutzen.ch›-Leuchttürme, wie das Haus des Holzes und die Obwaldner Kantonalbank, der Tierparkturm und der Schlaufensteg, die Berglodge37 und auch der Wärmeverbund in Hergiswil erzählen solche Erfolgsgeschichten aus Sicht der Menschen, die den Wald pflegen und das Holz bereitstellen. Sie illustrieren den Weg des Holzes vom Wald bis zum Haus, zum Turm oder einem anderen Bauwerk. Am Ende der Geschichte stehen der Bauherr, die Bauherrin und die Nutzenden, für die das Holz aus dem nahegelegenen Wald nun als zuhause, Erlebnispfad oder Aussichtsturm dient.
Die Zusammenhänge neu betrachten
Betrachtet man die Zusammenhänge und Abhängigkeiten der Themen und Interessen rund um Wald und Holz ergibt sich ein komplexes Wirkungsgefüge. Dieses gilt es zu verstehen, wenn man das Potenzial des Zusammenspiels von Wald- und Holzwirtschaft ausschöpfen möchte.
Die komplexen Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen dem Wald und der Wertschöpfungskette Holz können als Wirkungsgefüge bezeichnet werden. In diesem Wirkungsgefüge sind Akteurinnen und Akteure und sowie Prozesse miteinander verknüpft. Sie beeinflussen mit ihren Entscheidungen, Handlungen und Abläufen die Holzwirtschaft und die Ökosysteme des Waldes. All dies wirkt sich wiederum auf den Wald, auf sein Funktionieren und seine Leistungen für die Bevölkerung aus.
Das Wirkungsgefüge kann in verschiedene Betrachtungsebenen zerlegt werden:
Im ökologischen Wirkungsgefüge sind die verschiedenen Arten Pflanzen, Tieren, Bodenorganismen und Mikroorganismen miteinander verknüpft.
Im wirtschaftlichen Wirkungsgefüge arbeiten die Forstwirtschaft, die Verarbeitungskette und damit verbundene Lieferketten zusammen.
Im sozialen Wirkungsgefüge zeigt sich, wie Forstarbeitende, Waldbesitzende und lokale Gemeinschaften und die Holzwirtschaft im gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen.
Das umweltrelevante Wirkungsgefüge erfasst Themen der Klimaanpassung, Auswirkungen des Klimawandels und positive wie auch negative Effekte von Holz und Wald auf Umwelt und Menschen.
Diese Ebenen beeinflussen sich wechselseitig und können nicht isoliert betrachtet werden. Akteurinnen und Akteure aus dem sozialen Wirkungsgefüge sind beispielsweise die Waldbesitzenden, die Kantone und Gemeinden, die Bevölkerung sowie die Unternehmen in der Verarbeitungskette. Unternehmen in der Verarbeitungskette nutzen das Holz aus dem Wald und bezahlen für die Lieferung des Holzes durch die Waldbesitzenden. Schwankungen am Holzmarkt treffen Waldbesitzende und deren finanzielle Leistungsfähigkeit für die Pflege des Waldes. Wird die Waldpflege vernachlässigt, kann dies Auswirkungen auf die Artenvielfalt oder Gesundheit des Waldes haben.
Die Waldbesitzenden entscheiden über die Nutzung ihrer Wälder und ermöglichen, dass der Wald die Waldleistungen erbringt. Die Kantone und Gemeinden sowie die Bevölkerung profitieren von den Waldleistungen, vor allem von der Schutzfunktion und dem Wald als Erholungs- und Freizeitraum. Durch die Arbeit im Wald wie auch in den regionalen Unternehmen durch die Verwendung lokalen Holzes werden Arbeitsplätze in der Region geschaffen. Es entsteht Wertschöpfung, die der gesamten Region zugutekommt.
Das Wirkungsgefüge funktioniert in der Verknüpfung der Betrachtungsebenen. Komplexe Abhängigkeitsverhältnisse, die je nach Region oder spezifischer Waldnutzung auf andere Art gestaltet sind, haben in letzter Konsequenz Auswirkungen auf die Waldleistungen für die Bevölkerung. Mit einem besseren Verständnis, wo welche Abhängigkeiten bestehen, kann zukünftig dafür gesorgt werden, dass alle in diesem Wirkungsgefüge einen Mehrwert erschaffen können.
Nur wenn die Zusammenhänge zwischen Holznutzung, Wald und Gesellschaft verstanden und miteinander gedacht werden, kann das System funktionieren. Nur wenn die Waldbesitzenden, in Zusammenarbeit mit den Forstleuten, in der Lage sind, den Wald zu pflegen, kann der Wald seine Leistungen erbringen. Er kann das saubere Trinkwasser liefern, als Erholungsraum genutzt werden oder vor Naturgefahren schützen.
Dazu leistet die regionale Holznutzung einen wichtigen Beitrag. Indem der Wald in das wirtschaftliche System und in die Wertschöpfungskette eingebunden wird, werden im Wald direkt Leistungen abgegolten. Die Nutzung von regionalem Holz trägt so wieder dazu bei, dass die Forstwirtschaft den Wald pflegen und bewirtschaften kann.
Insgesamt verdeutlicht das Konzept des Wirkungsgefüges die Vielschichtigkeit und die wechselseitigen Beziehungen zwischen den verschiedenen Themen und Interessen, die im Zusammenhang mit Wald und der Holzwirtschaft stehen. Eine ganzheitliche Betrachtung ist wichtig, um sicherzustellen, dass die Bewirtschaftung von Wäldern nachhaltig ist und sowohl ökologische als auch soziale und ökonomische Ziele berücksichtigt.
Quellen
[1] Bundesamt für Umwelt BAFU | Merkblatt zu Waldfunktionen und Waldleistungen. Bern. 2022
[2] Brändli, Urs-Beat.; Abegg, Meinrad; Allgaier Leuch, Barbara (Red.) | Schweizerisches Landesforstinventar. Ergebnisse der vierten Erhebung 2009–2017. Birmensdorf, Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL. Bern, Bundesamt für Umwelt. 2020.
[V1] Fotos: © Lignum Holzwirtschaft Zentralschweiz. Fotograf: Roberto Conciatori, Luzern.
[V2] Fotos: © Lignum Holzwirtschaft Zentralschweiz. Fotograf: Roberto Conciatori, Luzern.
[V3] Fotos: © Lignum Holzwirtschaft Zentralschweiz. Fotograf: Roberto Conciatori, Luzern.