Am Eingang zum Höllwald in Baar im Kanton Zug wird 2024 der sogenannte ‹Schlaufensteg› durch den Wald führen. Mehrere Meter über dem Waldboden können vom Steg die Tiere des Waldes beobachtet und die Pflanzen bestaunt werden – die Natur darunter wird geschont.
Naturnahes Walderleben drei Meter über dem Boden
Ein Steg, der im Jahr 2024 durch den Höllwald in Baar führen wird, bietet ein einzigartiges Erlebnis für den Kontakt mit der Natur. Der sogenannte Schlaufensteg verbindet auf einer Höhe zwischen drei und 22 Metern die Gebiete Buebegunte und Vogelwinkel, und ermöglicht so für die Baarer Bevölkerung einen neuen Naturgenuss im Wald. Entdeckungsfreudige, Erholungssuchende, Schulklassen und Familien können bei einem Spaziergang auf dem Steg den Wald auf eine andere Art kennenlernen. Der Name leitet sich von den schlaufenartig angelegten Steg- und Treppenanlagen hin zur Aussichtsplattform Vogelwinkel ab. Die Besuchenden werden auf ihrem Weg durch das beliebte Naherholungsgebiet bergwärts geführt. Dabei steigert das Treppensteigen die Fitness und fördert damit auch die Gesundheit – die Sicht von der Aussichtsplattform auf die Lorzenebene, die Stadt Zug und den Zugersee bis in die Berner Alpen ist dabei inbegriffen. [1][2][3]
Den Anstoss zum Projekt gab tatsächlich ein gesundheitsfördernder Aspekt: war es doch ein Baarer Kardiologe, der die Korporation nach einem geeigneten Gebiet für intensives Herz-Kreislauftraining ansprach. Aus der ursprünglichen Idee einer Treppe für sportliche Betätigung entwickelte sich schliesslich das Konzept eines Verbindungsstegs. [4] Im Jahr 2019 hat die Korporation Baar-Dorf die Initiative ergriffen und es wurde dazu ein Ideenwettbewerb ausgeschrieben, den das Baarer Büro ‹2Eck Architekten› gewann. In der Folge wurden auch die Mittel für eine vollständige Fussgängerverbindung durch die Korporation Baar-Dorf bewilligt.
Die vielseitige Verwendbarkeit von regionalem Holz aufzeigen
Für die Korporation Baar-Dorf ist es ein wichtiges Anliegen, mit dem Projekt gleichzeitig die vielseitige Verwendung des heimischen Holzes aufzuzeigen. Der Schlaufensteg und die Aussichtstürme werden deshalb komplett aus regionalem Holz errichtet.
Für den Treppenturm, die Aussichtsplattform, die Tragkonstruktion und den Boden der Stege wird Douglasie verwendet. Für die etwa 60 Rundholzstützen, die den Steg tragen, werden fein gewachsene Fichten und Tannen eingesetzt. Dabei wird so weit wie möglich auf eigenes Fichten- und Tannenholz gesetzt. Der Korporation Baar-Dorf ist es als Bauherrin wichtig, ein nachhaltiges und möglichst einfach zu erstellendes und unterhaltendes Bauwerk zu errichten. [1]
Für das Konstruktionsholz wird auf verleimte Konstruktionen gesetzt. Die Verleimung wird in der Zentralschweiz bei ‹Neue Holzbau AG› in Lungern durchgeführt. Die grosse Herausforderung für die Korporation als Bauherrin besteht darin, dass es nur wenig Sägereien im Kanton Zug gibt. Die Stützen werden daher als Rundholzstützen ausgebildet und können direkt vor Ort verwendet werden. [5] Diese werden durch Mitarbeitende der Korporationen Baar-Dorf und Blickensdorf gefällt und von Hand entrindet, damit die Rundholzstämme nicht verletzt werden. Im Anschluss werden sie mit einem Schwundschnitt versehen. Dabei handelt es sich um einen gezielten, acht Zentimeter tiefen Schnitt im Stamm. Er soll dafür sorgen, dass die Stützen im späteren Einsatz nicht unkontrolliert reissen.
Holz aus der Region unterstützt vielfältige Waldpflege
Das Holz für den Steg, den Treppenturm und die Aussichtsplattform wird in verschiedenen Wäldern der näheren Umgebung geerntet. Einerseits handelt es sich um Holz, das bei der Durchforstung anfällt, andererseits wird es ganz bewusst herausgenommen. Denn der Nachwuchs junger Bäume und spezifische Pflanzenarten sind auf ausreichend Licht angewiesen. Um die nächste Baumgeneration aufzubringen, werden gezielt einzelne schlagreife Bäume entnommen. So bekommen die Jungpflanzen genügend Licht zum Wachsen. Nebenbei wird die Biodiversität im Wald, durch das Fördern der Artenvielfalt und das abwechslungsreichere Nahrungsangebot, erhöht. [6]
Insgesamt wurden 220 Kubikmeter Douglasienholz aus dem Blickersdorfer Wald für den Steg, den Treppenturm und die Aussichtsplattform geerntet. Zusätzlich wurden rund 60 Kubikmeter feinjährige Fichten und Weisstannen zum Herstellen der Pfähle entnommen. Im November 2023 wurden die Bäume vom Förster bestimmt und gekennzeichnet. Die Korporation Baar-Dorf setzt für die Konstruktion des Schlaufenstegs auf die Vorzüge von Mondholz. Während einer zweiwöchigen abnehmender Mondphase im Januar 2024 wurde das Holz geerntet. Die gefährliche Arbeit wurde von ausgebildetem Fachpersonal unter Einhaltung der Sicherheitsmassnahmen ausgeführt. Sie achteten beim Fällen der grossen Douglasien, welche zum Teil 12 Kubikmeter Holz pro Baum hatten, darauf Schäden am bleibenden Bestand zu verhindern. Nachdem die einzelnen Baumstämme an die Waldstrasse «gerückt» wurden, hat der Förster jeden einzelnen Baumstamm vermessen und qualifiziert. Die für den Bau geeigneten Baumstämme transportierte ein Langholz Lastwagen zur Sägerei in die Weiterverarbeitung. Die Stämme wurden vom Säger gemäss Holzliste eingeschnitten und getrocknet. Die Schnittware wird abgebunden und dem Zimmermann geliefert.
Die Erholungsnutzung zu lenken, hilft die Natur zu schützen
Mit dem Schlaufensteg entsteht in einem bereits touristisch erschlossenen Gebiet eine zusätzliche Attraktion. Das beliebte Naherholungsgebiet liegt südlich des Dorfzentrums von Baar und erstreckt sich insgesamt über eine Fläche von etwa 130 Hektar. Es handelt sich dabei um einen vielfältigen Mischwald, der hauptsächlich aus Buchen, Eichen, Tannen und Fichten besteht. Die dichte Vegetation, die sanften Hügel und die malerischen Wege machen den Wald zu einem idealen Ort für Spaziergänge, Wanderungen und Naturbeobachtungen. [3]
Es besteht ein umfangreiches Netzwerk an Wanderwegen, die Besucher durch die malerische Landschaft führen. Diverse Routen verknüpfen den Wald mit den umliegenden Gebieten. Der Schlaufensteg wird künftig zwei dieser Wege miteinander verbinden. Auf diesen Pfaden können Naturliebhaber die Stille und Schönheit der Umgebung erleben und möglicherweise verschiedene Tierarten wie Vögel, Eichhörnchen oder Rehe beobachten. [3]
Darüber hinaus bietet der Höllwald auch Einrichtungen wie Grillplätze und Picknickbereiche, die es Besuchenden ermöglichen, die Natur in geselliger Atmosphäre zu geniessen. Sie sind beliebte Ausflugsziele für Familien, Sportbegeisterte, Erholungssuchende und Naturliebhabende aus der Region Zug. Dass diese Nutzung so möglich ist, beruht darauf, dass im Höllwald die Erholungsnutzung ausdrücklich ausgewiesen ist. [3]
Die Ausweisung eines Erholungswaldes trägt dazu bei, den Druck auf andere, insbesondere unter Naturschutz stehende Wälder zu mindern. Durch die gezielte Zuweisung bestimmter Gebiete für Erholungszwecke wird eine Lenkung der menschlichen Aktivitäten ermöglicht, was dazu beiträgt, sensible Ökosysteme in Naturschutzgebieten besser zu schützen. [5]
Quellen
[1] Korporation Baar-Dorf │ Projektbeschrieb und Konzept Schlaufensteg zur Submission. 30.08.2023.
[2] Korporation Baar-Dorf │ Betriebskonzept Schlaufensteg. 08.07.2021.
[3] Korporation Baar-Dorf │ Erholungskonzept. Erholungswald Ruggeren – Langmoos – Höllstrasse.
[4] Wieser, Valeria │ Im Baarer Wald ist ein schwindelerregendes Projekt geplant. In: zentralplus, 25.04.2020.
[5] Telefoninterviews Walter Andermatt│ Geführt von Sonja Geier. 26.07.2023, 23.08.2023, 01.09.2023, 31.10.2023.
[6] Interview Martin Ziegler │ Geführt von Jara Malevez. Rotkreuz, 05.04.2023.
[7] Geier, Sonja; Wacker, Pascal; Gallati, Justus; Hanisch, Christoph; Witt, Sabine, Z’Rotz, Jana │ ITC INNOwood. Fachlicher Schlussbericht WHFF-CH-Projekt. 2021.07. Luzern, 30.11.2023. Beilage 1.
[B1] Bildnachweis Grafik: © 2Eck Architekten GmbH / © CCTP. Fotograf: Timo J. Walker / © Theo Weber / © Roberto Conciatori / © Staatsforstbetrieb Kanton Luzern
[V1] Fotos: © CCTP. Fotograf: Timo J. Walker / © 2Eck Architekten GmbH