Bauherr Pirmin Jung zeigt mit seinem Herzensprojekt ‹Haus des Holzes›, wie die Zukunft des vorgefertigten Bauens mit Holz aussehen kann: nachhaltig und kreislauffähig – zum Wohl für das Klima, die Region und die Menschen, die darin arbeiten und wohnen.
Ein Haus aus Holz leistet einen Beitrag zum Klimaschutz
Das Haus des Holzes ist ein sechsgeschossiges Gebäude im Zentrum von Sursee. Es vereint mehrere Firmen aus der Region unter einem Dach und bietet auch Platz zum Wohnen. Zu zeigen, wie man mit einem Holzbau ökologischer als mit Beton bauen kann, war dem Bauherrn Pirmin Jung ein wichtiges Anliegen. Er entschied sich bewusst für den Bezug von lokalem und regionalem Holz.
Dafür wurde das Haus des Holzes auch mit dem Label ‹Schweizer Holz› ausgezeichnet. Zudem ist das Gebäude nach dem Standard ‹Nachhaltiges Bauen Schweiz› (SNBS) und ‹Minergie-P Eco› errichtet und befolgt die ‹Cradle-to-Cradle-Prinzipien›. [1][2]
Mit der Verarbeitung des Holzes für den Bau durch regionale Unternehmen wurde in der Zentralschweiz eine Wertschöpfung von 3.5 Mio. Franken erzielt bzw. für 25 Personen Arbeit für ein Jahr generiert.
Im Haus des Holzes wurden insgesamt 1’705 Kubikmeter Holz verbaut. Für die davon verbauten 1’552 Kubikmeter Schweizer Holz, wurden knapp 3’470 Kubikmeter Holz geerntet. Die geerntete Menge dient je nach Qualität unterschiedlichen Nutzungen im Bau, in der Industrie oder als Energieholz. Der Erlös aus der verwendeten Holzmenge kann im Durchschnitt die Aufwände für die Pflege und Erhaltung einer Waldfläche von bis zu 28 Hektar decken. Zudem entnimmt diese Waldfläche jährlich der Atmosphäre circa 56 Tonnen CO2, was mehr als 370’000’000 Kilometer Autofahrt oder 9-mal der Umrundung der Erde entspricht.
«Das Haus des Holzes spart 1’000 Tonnen CO2 gegenüber einem vergleichbaren Massivbau ein», erklärt Pirmin Jung. 1’700 Tonnen Kohlenstoff wurden vom Holz während seines Wachstums aufgenommen, die nun im Haus des Holzes eingebunden sind.
Nicht nur der Bau selbst, auch die wohlüberlegte Lage des Gebäudes trägt zum Klimaschutz bei. Die Gehdistanz zum Bahnhof erleichtert den Nutzerinnen und Nutzern das Umsteigen auf den ÖV und reduziert damit CO2-Emissionen im Verkehr.
Kreislaufwirtschaft im Holzbau
Angesichts der Endlichkeit unserer Ressourcen ist kreislauffähiges Bauen ein Gebot der Stunde. Die Umsetzung befindet sich aber noch in den Kinderschuhen. Vieles muss berücksichtigt werden: die Verwendung von nachwachsenden Baustoffen, der schonende Einsatz von Ressourcen, die Verwendung von sortenreinen Materialien aus regionaler Wertschöpfung bis hin zu nutzungsflexiblen Grundrissen und zur Austauschbarkeit von Komponenten und Elementen in der Nutzungsphase. [1][3]
Holz bietet viele Vorteile für kreislauffähiges Bauen und hat zum Beispiel bei der Demontierbarkeit die Nase vorn: Holz-Holz-Verbindungen können gut lösbar und vorgefertigt hergestellt werden. Im Haus des Holzes wurde dazu Pionierarbeit geleistet: Das Planungsteam hat zu all diesen Aspekten Lösungen gesucht, entwickelt und getestet und vieles in die Praxis umgesetzt. [3] Dazu wurde zum Beispiel auch ein Mock-up für die Fassade gebaut.
Digitales Planen für den Holzbau
Um das Potenzial des vorgefertigten Holzbaues voll auszuschöpfen, benötigt es eine integrierte, zielgerichtete Planung im Vorfeld. Anne Nyffeler, die im Büro Pirmin Jung für die Digitalisierung im Holzbau verantwortlich war, erklärt, welche Möglichkeiten digitale Tools bieten: «Mit Building Information Modelling (BIM) können in einer frühen Planungsphase der Ressourceneinsatz und der zukünftige Energieverbrauch modelliert und optimiert werden.»
Ein weiterer Mehrwert beruht auf der Möglichkeit, die Herkunft des verbauten Holzes auch digital zu erfassen und zu dokumentieren. Das Planungsteam von ‹Haus des Holzes› hat neue Wege für den Einsatz von BIM ausgelotet und wurde dafür mit dem Arc-Award 2021 ausgezeichnet. «Die Planung des ‹Haus des Holzes› demonstriert, wie ein integriertes Projektteam durch die offene Kommunikation mittels BIM eine anspruchsvolle Bauaufgabe gut meistern kann», begründet Jurymitglied Martin Fischer von der Stanford University die Entscheidung der Jury. [4]
Zum Nachlesen: Haus des Holzes
Sturmholz aus dem Hilferntal
Heimische Wälder haben das Holz für das Haus des Holzes produziert. Ein grosser Teil davon stammt aus der Region. Zum Beispiel kommen die Fichten für die Wände überwiegend aus dem nahegelegenen Schutzwald Hilferntal.
Das vertiefte Wirkungsgefüge des Haus des Holzes kann in Form einer PDF-Datei zur detaillierteren Betrachtung hier heruntergeladen werden: Komplettes Wirkungsgefüge Haus des Holzes, Sursee
Der Guggi-Föhnsturm
In der Nacht vom 14. auf den 15. November 2019 hatte der Guggi-Föhnsturm in der Gemeinde Escholz-Matt-Marbach, zu der auch das Hilferntal gehört, grosse Schäden angerichtet und in der Umgebung an die 20’000 Bäume umgeworfen. Glück im Unglück – die Bäume wurden mehrheitlich stockgeworfen. ‹Stockgeworfen› bedeutet, dass die Stämme weitgehend ganz bleiben und es wenig Bruchholz gibt. Aufgrund der steilen und schwierigen Hanglage wurden alle Bäume mittels Seilkrananlagen aufgearbeitet und dann in die nur 40 Kilometer entfernte Sägerei Wyss transportiert. [5][6][7]
Eine Videoreportage der Egli Transporte AG, dokumentiert den Holztransport mit 8 LKW von Hilfern zur Weiterverarbeitung: Reportage Holztransport
Starke Wurzeln schützen die Bevölkerung
Nach den Abholzungen im Zuge der Industrialisierung im 18. und 19. Jahrhundert hatte die Bevölkerung von Marbach und Wiggen durch Überschwemmungen grosse Schäden an Gebäuden, Strassen und Kulturen zu erleiden. Mit der Einführung der nachhaltigen Holznutzung und dem ersten Waldgesetz in der Schweiz im Jahre 1876 hat sich die Situation deutlich verbessert.
Ein starker Schutzwald im Hilferntal
Im Schutzwald im Hilferntal wird auf eine möglichst gute Entwicklung der Wurzeln und Kronen geachtet, damit die Bäume vital sind und den Boden gegen Abschwemmung bei Starkniederschlägen gut armieren, das heisst festhalten. Ohne Eingriffe würde der Waldbestand älter und zunehmend einschichtig und geschlossen werden. Ein einschichtiger und geschlossener Wald ist ein Wald, in dem die Baumschicht aus nur einer Schicht von Bäumen besteht, und diese Bäume sind so dicht angeordnet, dass sie den Grossteil des Bodens bedecken und wenig Platz für Unterwuchs oder Sträucher lassen. Die ökologischen und strukturellen Merkmale des Waldes werden dabei gestört oder verändert, sodass er nicht mehr in der Lage ist, die natürlichen Schutzfunktionen aufrechtzuerhalten, die er normalerweise sicherstellt.
Feine Jahresringe als Qualitätsmerkmal
Ein erfahrener Förster und zwei lokale Sägereien haben die Qualität des Fichtenholzes erkannt: «Die Hürnli-Fichte ist ein sogenanntes Bergholz und hat damit sehr feine Jahresringe», erklärt Staatsförster i. R. Erwin Meier. Durch regelmässige Pflege ist es gleichmässig gewachsen. Beides sind Eigenschaften, die das Holz aus dem Hilferntal als ideales hochwertiges Material für den Holzbau auszeichnen. [6][7]
Identität und Atmosphäre für den Innenraum
Seine vorletzte Station hat das Sturmholz aus dem Hilferntal nach der Sägerei und weiteren Unternehmen in der Region bei ‹Haupt Holzbau› in Ruswil erreicht, wo es verarbeitet wurde. Die Hürnli-Fichte wurde beispielsweise für die Geschossdecken im Wohnbereich verwendet, wo die Holzstruktur die Deckenuntersichten prägt.
So sind die Hürnli-Fichten im Haus des Holzes auch für die Bewohnerinnen und Bewohner präsent und tragen zur angenehmen Atmosphäre im Innenraum bei. Auch im Bürobereich ist das regionale Holz sichtbar und begeistert Besuchende.
Klimafitter Wald im Hilferntal
Ein Grossteil der Schadensfläche im Hilferntal wird natürlich verjüngt. Damit die Baumartenzusammensetzung in Zukunft und im Kontext des Klimawandels diversifizierter wird, wurden die Schadensgebiete mit weiteren Baumarten wie Tanne, Föhre, Lärche, Douglasie (als Gastbaumart), Linde, Ulme, Buche punktuell ergänzend bepflanzt. In Zusammenarbeit mit der eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Lawinen (WSL) wurde im Schadensgebiet eine Testpflanzfläche eingerichtet. Hier wird in den nächsten Jahrzehnten erforscht, wie sich der Klimawandel auf die verschiedenen Baumarten auswirkt. Mit Hilfe dieser Erfahrungen kann der Wald für die Zukunft ‹klimafit› gestaltet werden.
Quellen
[1] Haus des Holzes │ Website Pirmin Jung Schweiz AG. Zuletzt abgerufen am: 18.08.2023; 16:47.
[2] Haus des Holzes – ein Leuchtturmprojekt für das Bauen der Zukunft │ Website Haupt Holzbau AG.
[3] Schuster, Sandra; Geier, Sonja │ circularWOOD – Paradigmenwechsel zur Kreislaufwirtschaft im Holzbau. BBSR Online-Publikation 15/2023. S. 82–85.
[4] Christen, Jasmin. Haus des Holzes gewinnt Arc-Award │ Journal Pirmin Jung Schweiz AG, 19.05.2021. Zuletzt abgerufen am: 10.11.2023; 16:22.
[5] Röösli, Bruno │ Wald und Holz sind zukunftsweisend. In: Haus des Holzes. Zukunftsweisendes Bauen mit Holz. Sursee. 2024S. 31–41.
[6] Interview Erwin Meier │ Ehemaliger Leiter Staatsforstbetrieb Luzern. 13.03.2023. Geführt von Sonja Geier.
[7] Informationsmaterial und Bilddokumentation von Erwin Meier, 12.03.2023.
[B1] Bildnachweis Grafik: © Pirmin Jung Schweiz AG. Fotograf: Marco Leu GmbH / © Zeitspuren im Entlebuch. Fotograf: Peter Hahn / © Roberto Conciatori / © Erwin Meier / © Staatsforstbetrieb Kanton Luzern.
[V1] Fotos: © Pirmin Jung Schweiz AG. Fotograf: Marco Leu GmbH
[V2] Bilder: © Pirmin Jung Schweiz AG. Aufnahme: Anne Nyffeler.